Die 10a übergibt Ergebnisse ihres mehrjährigen Projekts zur Erkundung deutsch-jüdischer Geschichte
Der Vormittag des 17. Juli bleibt den Schülern der Klasse 10a der Prof.Franz-Bunke-Schule Schwaan, deren Klassenlehrerin Kerstin Ahrens, Schulleiterin Frau Radow, Steffi Katschke, Leiterin des Max-Samuel-Haus Begegnungsstätte für Jüdische Geschichte und Kultur Rostock und Vertretern des Schwaaner Kulturfördervereins gewiß in fester Einnerung. Sie waren im Campus zusammen gekommen, um in feierlichem Rahmen ein langjähriges Schülerprojekt noch einmal Revue passieren zu lassen und in „jüngere Hände“ zu geben.
Besondere Gäste waren Susann Josephy-Hablüzel, Witwe von Albrecht Josephy, und beider Tochter Barbara Josephy aus Riehen/ Schweiz. Albrecht Josephy, Nachkomme einer aus Schwaa stammenden jüdischen Kaufmannsfamilie, war zu Beginn des Jahres im Alter von 97 Jahren verstorben. Den Schülern ist er durch wiederholte „Zeitzeugenbesuche“ in Schwaan mit seiner eindrücklichen Lebenserzählung bestens vertraut und bleibt in lebhafter Erinnerung.
Zum Hintergrund: Seit 2016 hatte der Kulturförderverein anläßlich seiner Ausstellung „Von Moses Abraham bis Willi Marcus. Zur Geschichte jüdischen Lebens in Schwaan“ engen Kontakt zu Schulklassen der Stadt geknüpft, aus dem 2019 das Projekt „Stolpersteine“ hervorging. Dieses Projekt wurde von der damaligen 8. Klasse von Maren Lüth, der 6. Klasse von Kerstin Ahrens und Schülern der Rostocker Förderschule am Schwanenteich mit Lehrerin Frau Martens getragen und mündete u.a. in der Einweihung dreier „Stolpersteine“ am Pferdemarkt 7 am kalten 20. Januar 2020. Die Steine erinnern an Willi Marcus, seine Frau Paula Marcus und seine Schwester Alice Marcus. Sie wurden am 10. Juli 1942 nach Auschwitz deportiet und dort ermordet. Die Stolpersteine wurden aus Spenden auch der Schüler finanziert. Fortan kümmerten sich die Schüler als „Putzpaten“ mehrmals im Jahr um diese Steine. An jenem denkwürdigen 20. Januar präsentierten die Schüler im vollbesetzten Kunstraum der Schule – auch Albrecht Josephy und seine Frau Susann waren aus der Schweiz angereist – die Ergebnisse ihrer mehrwöchigen Projektarbeit, angeleitet von Lehrern und Künstlern. Zum Thema Rassismus/Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und deren Abwehr entstanden beeindruckende lapbooks, textile „Stolpersteine“, ein Hörstück und Graffitis. Das alles ist dokumentiert in einer DVD, produziert von Ingo Braun, Studio Birkenhain Wiendorf.
Eine Studienreise 2023 in das Vernichtungslager Auschwitz hat bei den Schülern tiefen Eindruck hinterlassen. Auch davon berichteten sie am 17. Juli mit ihren Tagebuchaufzeichnungen, Fotokollagen und Zeichnungen. Die materiellen Zeugnisse der langjährigen Auseinandersetzung der Schüler mit deutscher Geschichte und deren Erfahrbarkeit auch vor Ort sind bewahrt in einer beeindruckenden „Zeitkapsel“- ein großer Metallkoffer- und werden zur Fortführung des Projekts an 6. Klassen der Schule übergeben. Danke Kerstin Ahrens für diese wunderbare Idee! Susann und Barbara Josephy waren sehr beeindruckt von der Erinnerungsarbeit der Schüler.
Dank an die Schüler für ihr Engagement, ihre Beharrlichkeit, ihr freundschaftlich-fröhliches Miteinander. Nach erfolgreichem Abschluss der 10. Klasse wünschen wir allen einen glückhaften Weg „ins Leben“. Kerstin Ahrens schließt an diesem Tag ihr Lebenskapitel als erfolgreiche Lehrerin ab. Viele Spuren bleiben. Die nächsten Lebensjahre mögen ihr Gesundheit, Freude in der Familie, Zeit für viele neue Entdeckungen ohne Klingelzeichen bringen!
Dr. Hella Ehlers
Fotos: Dr. Gerd Koppitz